DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR PSYCHOLOGISCHE SCHMERZTHERAPIE UND -FORSCHUNG E.V.

SCHMERZ UND BIOFEEDBACK

Schmerzzustände werden häufig durch eine gleichzeitige hohe körperliche Erregung ausgelöst und verstärkt. Diese Erregung resultiert aus Angst vor Schmerzen oder aufgrund einer gedrückten Stimmung (Depression), aus Ärger oder allgemeiner Aufregung. Eine Reduktion der Schmerzwahrnehmung kann deswegen auch durch eine Verminderung dieser körperlichen Erregung erreicht werden.

Was ist Biofeedback?

Neben Entspannungsverfahren wie dem Autogenen Training, der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson oder verschiedenen Meditationstechniken bietet  sich die Biofeedbacktherapie zur Behandlung von Anspannungs- und Erregungszuständen an. Hierbei werden Elektroden an das vom Schmerz betroffene Körperteil angeklebt und die im Körper vorhandene Aktivität gemessen. Dieser Vorgang ist völlig schmerzlos und ungefährlich. Durch Biofeedback werden körperliche Vorgänge gemessen und dem Patienten kontinuierlich über ein akustisches oder visuelles Signal zurückgemeldet. Biofeedback ist somit ein ganz objektives Verfahren zur Messung und Rückmeldung physiologischer, also körperlicher Signale. Der Patient kann diese Signale nutzen, um Kontrolle über sein körperliches Erregungsniveau zu erhalten und dieses in die gewünschte Richtung zu verändern.
Man stelle sich das bitte folgendermaßen vor: Wenn man einen körperlichen Vorgang, der normalerweise nicht spürbar ist, messen kann, und ihn in ein gut wahrnehmbares Signal umsetzt, dann kann dieser ursprünglich nicht gespürte Vorgang trotzdem verändert werden. Dies kann sehr effektiv beim Bluthochdruck eingesetzt werden: der Blutdruck wird als Tonsignal kontinuierlich rückgemeldet, eine Änderung des Blutdruckes bewirkt damit auch eine Änderung des Tonsignals. Wenn der Blutdruck ansteigt, wird der Ton höher und umgekehrt. So kann man innerhalb von 10-20 Minuten lernen, seinen Blutdruck willentlich zu regulieren. In dieser Zeit erreicht man eine Verringerung etwa um den Wert 20. Erreicht wird das durch systematisches Ausprobieren von Vorstellungen oder Denkinhalten, die einen entweder beruhigen oder aufregen. Je nach Vorstellung reagiert der Körper mit der erwünschten Blutdruckänderung, die gleichzeitig über das Biofeedbackgerät gemessen werden kann.

Biofeedback in der Schmerzbehandlung

Das Biofeedbacktraining hat sich als ein wesentlicher und besonders wirkungsvoller Baustein psychologischer Schmerzbehandlung erwiesen. Dabei geht es um eine Form des Lernens mit verbesserter Selbstregulation von Körpervorgängen. 
So kann beim Rückenschmerz die Aktivität der betroffenen Muskulatur gemessen und rückgemeldet werden. Häufig ist mit starken Schmerzen auch eine stärkere Verspannung der Muskelgruppen verbunden. Diese Verspannung kann nun gemessen und über das Biofeedbackgerät rückgemeldet werden. Der Patient muss lernen, diese Verspannung zu beeinflussen, z.B. durch Entspannungstechniken oder die Vorstellung von beruhigenden Situationen. Beim Nervenschmerz hat sich die Rückmeldung der Körpertemperatur an der betroffenen Stelle bewährt. Hier soll der Patient versuchen, die Hauttemperatur zu vermindern, was durch geeignete Temperaturmessgeräte und die Rückmeldung der Temperatur möglich ist. Mit einer bewussten Temperaturerniedrigung geht häufig auch eine Verminderung der Schmerzwahrnehmung einher.
Beim Kopfschmerz vom Spannungstyp, aber auch bei der Migräne, hat sich die Rückmeldung über den Anspannungsgrad z.B. des Stirnmuskels oder der Nackenmuskeln bewährt. Es erfolgt hierbei eine akustische und/oder optische Rückmeldung mit dem Ziel der Verminderung des aktuellen muskulären Erregungsniveaus unter verschiedenen Bedingungen. Die kann auch unter Einbezug von Entspannung sowie von Belastungs- und Stresssituationen erfolgen. Außerdem soll die Wahrnehmung der Anspannung in der Muskulatur gefördert werden. Auf die Bewältigung des akuten Migräneanfalls zielt die sog. „Gefäßverengung“ (Vasokonstriktion)  durch willentliche Verengung der Schläfenarterie ab. Dies erfolgt durch eine andauernde Infrarotmessung, die über den Blutvolumenpuls ein Maß für die Gefäßweite liefert. Durch unmittelbare Rückmeldung dieser Gefäßweite können Möglichkeiten des Patienten zur Gefäßverengung erfasst und trainiert werden. Dabei kann im schmerzfreien Intervall die Gefäßverengung eingeübt werden und bei den ersten Anzeichen eines Migräneanfalls kann diese Strategie zur Gefäßverengung angewandt werden. In einigen Studien, vor allem bei kindlicher Migräne, hat sich das Handerwärmungstraining (thermales Feedback) als wirkungsvoll erwiesen. Das Kind lernt dabei, die Hauttemperatur an den Händen durch Rückmeldung der Temperatur willentlich zu erhöhen, was physiologisch durch eine Blutumverteilung gelingen kann. Nähere Informationen findet man auf den Seiten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (www.dmkg.de)

Wie wirksam ist Biofeedback?

Viele Untersuchungen kommen übereinstimmend zu der Einschätzung, dass die verschiedenen Biofeedbackverfahren im Mittel eine Reduktion der Schmerzen von bis zu 50-60 % erreichen. Diese Erfolgsquote ist vergleichbar mit der Wirkung einer medikamentösen Behandlung. Man darf aber nicht verschweigen, dass die Behandlung wesentlich länger dauert (etwa 20 – 40 Sitzungen) und damit erst nach Wochen ein Effekt deutlich wird. Die Wirkung ist aber im Vergleich zur medikamentösen Behandlung viel nachhaltiger. Außerdem treten keine Nebenwirkungen wie bei Medikamenten auf. Es wird aber empfohlen, alle 6 – 12 Monate eine „Auffrisch-Sitzung“ abzuhalten, um die dauerhaften Effekte zu stabilisieren.

Wer behandelt mit Biofeedback?

Biofeedbacktherapeuten lassen sich durch Anfrage an die Psychotherapeutenkammern ermitteln. Außerdem kann man sich auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback (www.dgbfb.de) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (www.dmkg.de) informieren.

Was kostet die Behandlung?

Zurzeit ist die Biofeedbackbehandlung noch eine Zusatzleistung, die gelegentlich im Rahmen einer Verhaltenstherapie angewendet oder als eigenständige Maßnahme durchgeführt wird. In letzterem Fall muss der Patient einen Teil der Kosten der Behandlung selbst tragen. Dies sollte unbedingt vor Beginn einer Behandlung abgeklärt werden.

Autor: Peter Kropp